Der Piratenpartei (und andere) ihr sein CI

Nach der Wahl ist vor der Wahl und um mein Unverständnis darüber zu überdecken, wie man in einer fucking Wirtschaftskrise zu einem liberal-konservativen Wahlergebnis kommt, hier ein Machwerk aus den Untiefen meiner nicht fertiggeschriebenen Artikel:

Die Piratenpartei ist ja meiner Meinung nach zur Zeit die in Deutschland am unterstützenswerteste Partei, nicht umsonst bin ich bei denen Mitglied. Was aber leider noch nicht zu einem realen Engagement geführt hat, wofür ich zwei bescheuerte Ausreden habe: zum einen weile ich die meiste Zeit nicht in dem Bundesland, in dem ich gemeldet bin (huch …) und zum anderen will da leider grad ein Design-Diplom gemacht werden.

Nichtsdestoweniger ist das eine super Partei. Leider aber mit eher schlimmem CI. Das Piratenpartei-Logo ist ja international das selbe und an sich leider schon nicht so die Glanzleistung, wenn auch von der Idee her ganz okay (Segel und Mast formen ein P …). Die Parteifarbe Orange ist auch eher arg und, glaube, ich auch international bei allen Piratenparteien so. Der deutsche Piratenpartei-Webauftritt ist im Gegensatz zum schwedischen (Farbkombination grau-grün-violet???) noch ganz angenehm (hellblau-weiß mit ein bischen orange), auch wenn mir natürlich das shiny-shiny Web 2.0 Logo nicht gerade zusagt. Leider ist zudem die Typographie von Flyern etc. im Gegensatz zu der ordentlichen Web-Typo eher schlimm. Aber gegen die FDP ist das natürlich alles wunderschön, was andererseits natürlich nicht verwunderlich ist, was scharz-rot-gold im Plakat-Hintergrund hat kann ja nur Brechreize auslösen.

Verwunderlich ist allerdings fast schon, daß die SPD eine relativ unhässliche Plakatkampagne hat, mit Illustrationen(!!!) und einer hübschen Schrift. Das ist aus ästhetischer Sicht ganz gut anzuschauen, auch wenn mir nur der Hai gefällt und ich die Kampagne an sich ähnlich zum kotzen finde wie die Mac vs. Pc-Spots. Wer mit den Schwächen der anderen wirbt, stellt sich meiner Meinung nach nicht gerade in ein gutes Licht, sondern sagt eher, daß er selbst nichts Gutes von sich zu berichten weiß (was ja wieder sehr zur SPD heutzutage passt).

Die Grünen haben sich meiner Erinnerung nach auch noch nie so wirklich mit schönen Layouts oder Schriften geschmückt, die aktuelle Homepage ist ganz ordentlich gemacht aber mehr als unübersichtlich und all diese Kapitälchen tun ihnen auch nicht grade gut. dieses WUMS-Ding ist vielleicht ein bischen sehr gewollt, könnte aber ganz gut wirken, wenn es denn schön umgesetzt worden währe, aber bei sowas stellen sich mir die Haare auf (hab übrigens grade erst gemerkt, daß dieses komische gelbe Plastikzahnrad die Sonnenblume der Grünen sein soll – das ist das Gegenteil von dem was im Design-Jargon als »schnell« verstanden wird ^___^).

Das einzig wirklich Positive bisher geht wieder auf meine Schwäche für niedliches Charakter-Design zurück: hier gibt es ein richtig kuscheliges Maskottchen der Jugendorganisation der Piratenpartei, den Jungen Piraten.

Junge Piraten

P.S.: Hab grad gedacht: »Ups, die CDU, hatte die Überhaupt eine Kampagne?« Im Grunde kann man das ja nicht so nennen und ich musste bei diesen beknackten Hintergründen immer an mein Jeans-Sparbuch denken.

Zitat(e) des Tages

»Auch aus Kindern werden Erwachsene […]. Wenn sie dann eine weniger freie und demokratische Gesellschaft vorfinden als die ihrer Eltern, weil die Eltern sie vor Schmutz und Schund bewahren wollten, ist etwas schiefgegangen.«

Hans Schmid bei Telepolis

Ach ja, Telepolis. Man muss es einfach lieben, dieses völlig wahnsinnige Magazin (von dem ich nur die Online-Ausgabe kenne, die so hässlich ist, daß es schon wieder Stil hat) in dem neben aktuellen weltpolitischen Themen und Nachrichten auch immer wieder Platz für diverseste, liebenswerte Absonderlichkeiten ist. Leute lassen sich in unfassbar ausufernden Artikelreihen über Leben und und Schimpfen von Aleister Crowley aus oder berichten über ihre Erfahrungen mit den Untiefen der deutschen Filmzensur (und dieses Wort benutze ich hier bewusst) der FSK, wie hier eben Herr Schmid, der dies natürlich sehr interessant mit einer (Gewalt in den) Medienkritik verbindet, mit Seitenhieben auf die aktuelle Killerspiele-zur-Verhinderung-von-Amokläufen-verbieten-Diskussion aus medienhistorischer und Horrorfilmfreund-Sicht.

Der Artikel gipfelt in einem wunderbaren Zitat von Irmgard Keun aus ihrem Roman Ferdinand, der Mann mit dem freundlichen Herzen, daß ich auch denjenigen ans Herz legen möchte, die kein Interesse daran haben sich den ganzen Artikel zu Gemüte zu führen. Es ist einfach zu sehr einem Stefan Niggemeier würdig, Frau Keun schreibt:

»… obwohl die Tagespresse es schätzt, wenn Autoren über Dinge schreiben, von denen sie nichts verstehen. Tiefe Unkenntnis wirkt auf weite Kreise der Leserschaft überzeugend, auf weitere Kreise liebenswert.«

Zitat des Tages

Die individual-anarchistische Auffassung, dass “mein Werk” mir und nur mir allein gehört, ist wohl ein Ergebniss eines falsch verstandenen Individualismus- und Schöpferkults, denn kulturelle Produktion ist immer schon per se gesellschaftlich. Was jemand allein im Wald erzeugt, hat der Unabomber exemplarisch klar gemacht.

Armin Medosch (Link vom mir) in einem sehr lesenwerten Artikel, der sich ebenfalls auf Susanne Gaschkes Anti-Internet-Pamphlets (boah, allein schon dieses Platzhalter-Bild …) in der Zeit bezieht. Sehr interessante Apekte werden hier erörtert, daß die Zeit zur Holtzbrinck-Gruppe gehört war mir z. B. garnicht klar und auch auch über die Einschränkungen was wissenschaftliche Veröffentlichungen angeht und wie Open Acces und Science Commons da Abhilfe schaffen können hab ich gestern an anderer Stelle schonmal drüber nachgedacht (dazu hoffentlich später mehr).

Die Zeit auf Abwegen

Wow, ich bin grad über Titanic auf diesen Artikel in der Zeit gestoßen, in dem sich Susanne Gaschke (in einem für die Zeit erschreckend boulevardesquen Stil) über den Untergang der Kultur durch Pirate Bay auslässt. Wie immer in letzter Zeit werden Per Olov Enquist, der neben Henning Mankell einer der populären Gesichter der Anti-Pirate-Bay Bewegung in Schweden ist und sich letztens in der SZ über die angeblich/anscheinend durch Produktpiraterie enstanden Einbußen beim Hörbuch-Geschäft beklagte, und J. K. Rowling als Beispiele ihrer bedrohten Art angeführt.

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Ein Tuch vor das Bild hängen

Vor ein paar Tagen kam im Verteiler der Piratenpartei-SH ein Link zu diesem Zeit-Interview mit einem Missbrauchsopfer, das sich (ebenfalls) gegen die von Frau von der Leyen angestrebte KiPo-Seitensperrung a.k.a. Internetzensur ausspricht. Das Interview ist erschreckend zu lesen, auch weil das scheinbare Verhalten der verantwortlichen Stellen genauso inkompetent wirkt wie das der Behörden nach den vergangenen Amokläufen. Wie immer werden hier Auswirkungen und nicht Ursachen bekämpft, man beschränkt sich wieder medienwirksam darauf, der Hydra ein paar Köpfe abzuschlagen anstatt das Problem an sich zu bekämpfen.

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design.

Studier ich ja. Irgendwie. Und ich hab letztens mal so drüber nachgedacht ob es funktionieren würde, … bzw. ob es meine Einstellung ändern würde, … also ob es jemals so sein kann das Städte oder ganz Deutschland ein hübsches CI* haben.

Ich weiß, eine total bescheuerte Überlegung, wenn man kurz mal ne Sekunde an das Cottbus-Debakel denkt. Hatte ich aber zu der Zeit nicht, war auch nur so ein planloses rumdenken beim Radfahren erstmal. Ich meine, es gibt ja schöne CI’s, die irgendwie passen, auch wenn es irgendwie abgelutscht ist, denke ich da jetzt an das Obama-Poster. Das war einfach gut (war ja auch von einem fähigen Menschen gemacht). Das Logo ist dann wieder ne andere Sache, nicht so mein Fall, wobei es natürlich viel, viel schlimmer geht (s.u.).

Das einzige, was ich so von meiner Studienstadt Braunschweig mitbekomme ist diese grausame Stadputz-»Unser sauberes Nazi-Braunschweig«-Kampagne. Viel schlimmer geht es ja kaum noch. Über eine Deutschland-CI mag man garnicht nachdenken, weil ja die deutsche Flagge (die ja mal so das absolute no-go ist, ALLEIN schon aus ästhetischer Sicht) bestimmt irgendwie reinmüsste. Oder der Bundesadler. I could vomit on the floor.

Ich weiß nicht, ich hatte da beim rumdödeln so die beknackte Vorstellung, daß es irgendwann möglich sein könnte, das fähige Leute was machen und Verantwortlichen erkennen könnten, daß es gut ist. Das ist so dumm, daß es schon echt weh tut, ich weiß. Vor allem, wenn man die aktuelle fw Steini-Logo-Such-Kampagne mitverfolgt hat. Wozu der Typ ein Logo braucht ist mir nicht ganz klar aber nach dem zuerst gewählten SS-Logo ist das neue Logo fast noch schlechter. Genau wie einer der ersten Kommentatoren bei fontblog richtig anmerkt ist das so ein typisches »Ich mach halt meinen coolen Design-Stylerscheiß, den ich immer mache, auch wenn es hier überhaupt nicht hinpasst, die Idioten geben mir trotzdem Geld«-Logo ist. Unser Prof. im Grundstudium sagte nicht umsonst »Wenn der Designer nichts weiß, macht er einen Kreis«. Hat ja auch wieder geklappt, gezackter Kreis mit Ecken auf dem »new« steht mit vektorisiertem Sprüh-Runtergelaufe in der 2.0-Version. Das das absolut nichts mit Herrn Steinmeier zu tun hat, scheint niemanden zu stören.

Wir lernen aus der ganzen Sache: Deutschland und Städte wie Braunschweig bzw. deren Repräsentative sind einfach so gestrig, das ein schönes CI schlecht wäre, weil es halt nicht zur Sache passt. Was schlecht ist, muss auch schlecht aussehen, und deutsche Politiker sind nicht Barack-Obama (nicht unbedingt von der Fähigkeit sondern von der Ausstrahlung her).

* Das ich hier instinktiv Corporate Identity sage, zeigt irgendwie das perverse an diesem Gedanken. Die Forderung, das eine Stadt oder ein Staat wie ein Unternehmen gesehen und oder/geführt werden solle, ist ja mehr als kritisch zu sehen. In Designfragen mag das vielleicht grad noch ein gültiger Vergleich sein, aber ansonsten ist ein Unternehmen ja per Definition auf Gewinnmaximierung (auf Kosten anderer) ausgerichtet, wohingegen, der Staat (eigentlich) für das Wohl seiner Bürger sorgen sollte.

Update: Manchester z. B. hat ‘ne echt fette Website. Deutsche Städte eher so … ähm.

Zitat des Tages

Das wäre so, wie wenn die Post verpflichtet wäre, jeden Brief zu öffnen, um zu kontrollieren, ob er illegal gebrannte Musik-CDs enthält.

Ricardo Cristof Remmert-Fontes im taz-Interview zum (anscheinend erstmal abgewendeten?) Telekom-Paket der EU.

Pirate Coelho

Wow, ich muss ihn bisher massiv unterschätzt haben. Meine bisherigen begegnungen mit Paulo Coelho waren eine abgebrochene Hörspielfassung von »Der Alchimist« und dann hab ich das Buch nochmal angefangen als es auf irgendeinem Festival im Auto rumlag. Ich fand’s schon grausam kitschig, damals und hab danach nicht wieder über ihn nachgedacht.

Aber jetzt lese ich auf Torrentfreak, daß der Herr seine Bücher über Bittorrent verbreitet, anscheinend mit positiven Auswirkungen auf seine Verkaufszahlen. Er betreibt sogar einen Blog, um über die neusten Entwicklungen und Veröffentlichungen zu berichten. Im Gegensatz zu Metallica, die sich jetzt zwar positiv (oder zumindest nicht mehr negativ) zu Filesharing äußern, aber trotzdem ihre Plattenfirma nicht davon abhalten können, wieder negative Schlagzeilen zu produzieren.

Coelho hat außerdem sein neuestes Buch, »Die Hexe«, von Fans gemeinsam Verfilmen lassen anstatt sich Hollywood anzubiedern.

Da werd ich mir bezeiten seine Literatur nochmal genauer zu Gemüte führen. Ebooks sind mir allerdings zu anstrengend, aber ich gehört ja noch zu der alten Garde von Gentlemen mit Bibliotheksmitgliedschaft.

Aber wieder, guter Mann! Sowas brauchen wir.

EDIT: Fakt ist allerdings, daß es natürlich sehr gut sein kann, daß der Herr politisch mit mir auf einer Linie ist, seine Bücher aber einfach nicht mein Ding sind. Hab’s immer noch nicht ausgelotet.